Superstruktur der DNA


Histone | Nucleosomen | Modell der Solenoid-Faser | Topoisomerasen |
Die menschliche DNA einer diploiden Zelle besteht aus ungefähr 6 x 109 Basenpaaren, verteilt auf 46 Chromosomen. Jeder Zellkern enthält somit 46 DNA-Moleküle unterschiedlicher Grösse (vgl. DNA in Zellorganellen wie Mitochondrien und Chloroplasten). Würde man die DNA in den 46 Chromosomen zu einer einzigen Doppelhelix zusammenfügen, käme man auf eine Länge von 2 Metern DNA pro Zelle! Es ist einleuchtend, dass die DNA Strukturen annehmen muss, die es erlauben, sie in den Zellkern zu packen und sie vor Scherkräften zu schützen, die die nur 2 nm Dicke Doppelhelix in Stücke reissen könnten. Aus diesem Grund binden bestimmte Proteine an die DNA und verformen diese zu stabilen Superstrukturen. Solche DNA-Proteinkomplexe nennt man Chromatin. Bei Zellteilungen -Mitosen und Meiosen -, müssen sich die Chromosomen zu Mitosechromosomen maximal verdichten (kondensieren), damit sie überhaupt auf die Tochterzellen verteilt werden können. Betrachten wir also vorerst die sogenannten Interphasenchromosomen.

 

Die an DNA gebundenen Proteine machen einen beträchtlichen Teil des Chromatins aus. Tatsächlich besteht Chromatin etwa zur Hälfte aus Proteinen, welche noch in Histone und nicht-Histon-Proteine unterteilt werden können.

Histone sind kleine, basische Eiweisse, die nur in Eukaryonten vorkommen. Mit ihrem hohen Anteil an positiv geladenen Aminosäuren wie Arginin und Lysin können sie relativ unspezifisch an die DNA binden und die negativen Ladungen der Phosphatgruppen des "DNA-Rückgrats" kompensieren.


Lösung

Überlegen Sie sich, welche Auswirkungen es auf die Stabilität der DNA hätte, wenn die negativen Ladungen der Helix nicht aufgehoben würden.

 

Es gibt insgesamt fünf verschiedene Klassen von Histonen: H1, H2A, H2B, H3 und H4. Gewisse eukaryontische Zellen - wie z.B. die Erythrocyten des Huhns - haben noch einen weiteren Typ, das Histon H5, welches als Variante von H1 angesehen wird. Je zwei Moleküle H2A, H2B, H3 und H4 verbinden sich zu einem Histon-Octamer. Die DNA-Doppelhelix wickelt sich nun in Linkswindungen um dieses Octamer wie ein Faden um eine Spule. Die dadurch entstehende Struktur ist das Nucleosom.

Interessierte finden hier genauere Angaben über DNA-Histon-Komplexe

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Behandelt man Chromatin mit einer stark hypotonen Lösung, so lassen sich die Chromosomen als Nukleosomenfäden im Elektronenmikroskop darstellen. Sie gleichen einer Perlenkette:

Bildquelle

 

Die nächsthöhere strukturelle Einheit des Chromatins ist das Solenoid. Für die Ausbildung des Solenoids ist das Histon H1 essentiell: es verbindet benachbarte Nukleosomen zu einer 30 nm dicken Chromatinspirale. Wie sich dieser Prozess genau vollzieht, ist aber noch weitgehend unklar. Folgendes EM-Bild veranschaulicht die dichte Packung der Nukleosomen:

Bildquelle

 

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Die Solenoid-Faser wird gelegentlich von nicht-Histon-Proteinen in Segmente unterteilt, wie folgendes Modell zeigt:

Modell mit Legende

Diese Proteine binden meist sequenzspezifisch an die DNA und stellen zum Teil Gen-Regulationsproteine (z.B. Transkriptionsfaktoren) dar, andere helfen bei der Initiation der DNA-Replikation. Eine weitere Gruppe von Proteinen organisiert das Solenoid in Schleifen, welche von der Hauptachse des Chromosoms abstehen. Ohne die Ausbildung von Schleifen, als lineares Solenoid also, würde ein durchschnittlich grosses Chromosom den Zellkern als 30-nm-Faser von 1 mm Länge etwa hundertmal durchmessen. Auch hier sind die Details der Faltung noch unbekannt und Gegenstand intensiver Forschung.

Unten ein Schema, das das Prinzip der Faltungen wiedergibt:

Modell mit Legende

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Hinweis: D. Hewish und L. Burgoyne waren unter den ersten, welche sich mit der Strukturaufklärung des Chromatins beschäftigten. Lesen Sie dazu das Dokument "Hewish & Burgoyne, 1973" am Geschichtsposten im Atelier.

 

Sowohl in Eukaryonten wie in Prokaryonten gibt es Enzyme, die Topoisomerasen, die unter ATP-Verbrauch einen oder beide DNA-Stränge auftrennen, durch Rotation um die Helixachse die Windungszahl pro Längeneinheit ändern und dann die freien Enden wieder verknüpfen (ligieren). Die Topoisomerase I spaltet dabei nur einen, die Topoisomerase II beide DNA-Stränge. Nimmt die Windungszahl pro Längeneinheit zu, spricht man von positivem Supercoiling, nimmt sie ab, von negativem Supercoiling. Diese Konformationsänderung setzt die DNA unter Torsionsspannung. Hat die DNA ein freies Ende, so kann sie sich wieder entspannen, indem sie um ihre Achse rotiert. Sind dagegen beide Enden fixiert, wie bei der Ring-DNA der Prokaryonten oder bei Chromatin-Schleifen, kann die DNA die Überspannung nur durch Ausbildung einer superhelicalen Schleife kompensieren (zwei fixe Enden können nicht frei rotieren). Bei dieser DNA-Superhelix ist die DNA zusätzlich zu den Doppelhelixwindungen umeinander verdrillt:

Bild mit Legende

Sie können sich die Entstehung dieser Konformation am besten vorstellen, wenn sie an ein spiraliges Telefonkabel denken, welches Sie aus einem gedehnten in einen entspannten Zustand führen.

zu Replikations-Elemente: DNA-Topoisomerasen

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Hinweis: Gute Dienste leistet ein Schnur-Modell aus zwei umeinander verdrillten Fäden, an dem Sie die Auswirkungen von positivem und negativem Supercoiling studieren können.

 

Topoisomerasen benötigen für die Rückführung (Relaxation) in den Normalzustand kein ATP; die Energie steckt nämlich in der Supercoil-Konformation selbst:

Bild mit Legende

Was ist denn der Zweck dieser Superstrukturen?

Negatives Supercoiling erleichtert wahrscheinlich Prozesse wie Replikation oder Transkription, weil die "unterwundene" DNA den Zugang bestimmter Proteine zu Steuersequenzen erleichtert.

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