Beratungsbeispiel 3: Anamnese

Liste der Fallbeispiele -

Bernhard D. , 30-jährig, will als Missionar nach Südamerika. Er möchte wissen, was er bezüglich Malariaprophylaxe unternehmen muss.

  Sie haben nun die Möglichkeit, sich mit Hilfe der untenstehenden Fragen ein Bild über Ihren Patienten zu machen. Versuchen Sie sich auf die relevanten Fragen zu beschränken! Am Schluss sollten Sie das wissen, was Sie für eine kompetente Beratung brauchen.  
Hatten Sie schon mal eine Tropenkrankheit?
"Nein, wir waren noch nie so weit weg."
Kommentar: Diese Frage ist für die Beratung nicht relevant. Bei Symptomen eines Reiserückkehrers wäre die Frage für die DD gerechtfertigt.
Begleitet Sie jemand? Wer?
"Meine Frau sowie unsere 2 Kinder, 7 und 5 Jahre alt, werden mich begleiten."
Kommentar: Die Frage ist insofern berechtigt, dass auch die Begleitung möglicherweise einen Schutz braucht und dieser unter Umständen nicht der Prophylaxe Ihres Patienten entsprechen muss.
Wohin werden Sie gehen?
"Wir gehen nach Bolivien."
Kommentar: Das ist die zentralste Frage überhaupt. Damit kann man beurteilen, ob der Patient überhaupt in ein Endemiegebiet reist und wie gross das Resistenzrisiko gegenüber Chemoprophylaktika ist.
Haben Sie Krankheiten? Nehmen Sie Medikamente?
"Ich leide gelegentlich an zu hohem Blutdruck und Herzrhythmusstörungen. Dafür nehme ich einen Beta-Blocker."
Kommentar: Chronische Krankheiten und regelmässige Einnahme von Medikamenten sind wichtige Punkte zur Beurteilung einer Malariachemoprophylaxe. Nebst den Nebenwirkungen, die eine vorbestehende Grundkrankheit exazerbieren lassen können, kann es zu Medikamenteninteraktionen kommen.
Ist Ihre Frau schwanger?
"Ja, meine Frau ist im 6. Monat schwanger."
Kommentar: Wichtige Frage. Die Chemoprophylaxe bzw. -therapie Schwangerer richtet sich nach anderen Kriterien.
Welche Blutgruppe haben Sie?
"Blutgruppe O, Rh negativ, C-D-E !"
Kommentar: Das ist nun bezüglich der Reiseberatung in Zusammenhang mit Malaria wirklich eine irrelevante Frage.
Welche Impfungen haben Sie und welche wollen Sie noch machen lassen?
"Ich und meine Frau sind gegen Polio, Diphterie und Tetanus geimpft, die Kinder sind im regulären Impfplan des Kinderarztes. Ich denke, das sollte an Impfungen ausreichen."
Kommentar: Ebenfalls eine wichtige Frage. Erstens wegen möglichen Interaktionen: Der orale Lebend-Typhus-Impfstoff z.B. darf nicht gleichzeitig mit Mefloquin eingenommen werden, da sonst keine genügende Immunisierung durch den Impfstoff gewährleistet werden kann. Zweitens wegen vorgeschriebenen Impfungen: für den Besuch gewisser südamerikanischer Länder ist z.B. die Gelbfieberimpfung empfohlen.
Wann werden Sie abreisen?
"Wir haben den Abreisetermin in 6 Wochen fixiert."
Kommentar: Diese Frage ist ebenfalls relevant, da eine allfällige Chemoprohylaxe bereits einige Zeit vor Einreise in ein Endemiegebiet angefangen werden sollte.
Was werden Sie dort machen?
"Das Zentrum dient v.a. als Anlaufstelle. Daneben werden wir sicher auch ganz Bolivien und eventuell die Nachbarländer bereisen."
Kommentar: Das Verhalten bestimmt das Risiko, mit Anopheles-Mücken in Kontakt zu kommen. Der reisende Missionar auf dem Land ist sicher einem bedeutend höheren Risiko ausgesetzt als der Kaufmann in seinen klimatisierten Büro- und Hotelräumen.
Wie lange haben Sie vor zu bleiben?
"Ich hab einen Vertrag für 2 Jahre. Wenn es uns gefällt, werden wir um weitere 2-4 Jahre verlängern."
Kommentar: Die Aufenthaltsdauer ist sicher eine wichtige Frage. Wegen möglichen Langzeitnebenwirkungen von Medikamenten ist deren Nutzen/Schaden-Verhältnis bei Langzeitaufenthalten immer sorgfältig abzuwägen.